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Wie nachhaltig sind Lebensmittelkonzerne?

Lebensmittelkonzerne sind schwer zu bewerten, schließlich vereinen sie mehrere Marken und Unternehmen unter sich. Wir wollen einen Querschnitt bilden, um die Konzerne möglichst fair zu beurteilen – dabei haben wir den Branchen-Durchschnitt im Auge. Wir betrachten die Nachhaltigkeitsberichte und lassen aber auch Recherchen aus unabhängigen Quellen einfließen. So wollen wir die Frage beantworten: „Wie nachhaltig sind Lebensmittelkonzerne?

Was wir nicht bewerten, sind die Qualität, die Inhaltsstoffe und die Gesundheitsaspekte der Produkte.

So errechnen wir unseren FutureScore für Lebensmittelkonzerne:

Wie nachhaltig sind Lebensmittelkonzerne?

Wir bewerten die allgemeine Situation und die Bemühungen. Wir berücksichtigen dabei auch, was realistisch überhaupt möglich ist. Klar, wäre es super, wenn alle Konzerne 100 % fair wären. Aber alle Unternehmen sind vom Weltmarkt abhängig und da sind Ziele und Wünsche der Marktverfügbarkeit gegenüber. Bio, Tierwohl, Fairtrade beispielsweise gibt es schlicht in der Menge, dass 100 % der Bedarfe gedeckt werden können.

Verpackung, Müll & Foodwaste [max. 6 Punkte]

  • Verpackung: Wir orientieren uns an diesen Studien, Werten und Forderungen:
    Die Studie Material Change Index schätzt, dass 85 % der Kunststoffverpackungen eingepart und durch nachhaltigere Alternativen ersetzt werden könnten (z. B. durch Verpackung auf Faserbasis oder Mehrweg). Die Verbraucherzentrale hat errechnet, dass durch Vermeidung von sogenannten Luftverpackungen (das sind Mogelpackungen, die größer sind, als sie sein müssten) 27 % Verpackungsmaterial eingespart werden können.
    Die Deutsche Umwelthilfe fordert eine Mehrwegquote bei Getränken und Milcherzeugnissen von 70 %.
    Viele Konzerne betonen, dass ein Großteil der Verpackungen so konzipiert wird, dass man sie problemlos recyceln kann. Wir verstehen das als Selbstverständlichkeit und nicht als Engagement , außerdem wird die Verantwortung dadurch auf den Verbraucher abgeschoben.
    [1] Reduktion von Kunststoffverpackungen um mindestens 30 % (vgl. Österreich hat eine gesetzliche Vorgabe, 20–25 % Einwegplastik einzusparen)
    [1] Reduktion von Kunststoffverpackungen um mindestens 60 %
    [1] Reduktion der gesamten Verpackungsmenge um mindestens 20 %
    [1] Mehrwegquote von mindestens 20 %
    [1] Mehrwegquote von mindestens 60 %
  • Foodwaste: Jedes Jahr werden ca. 35 % aller Lebensmittel vernichtet. Zwar betrifft das alle Bereiche, auch Haushalte, Gastronomie und Handel, aber auch durch vorgelagerte Prozesse in der Produktion werden Lebensmittel verschwendet.
    [1] Das Unternehmen hat eine klare Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelverlust.

Rohstoffe und Lieferkette [max. 14 Punkte]

  • Bio und regenerative Landwirtschaft: Da Lebensmittelkonzerne diesen Begriff aktuell „kapern“ berücksichtigen wir den Anteil an regenerativer Landwirtschaft nicht. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Bio. Ökolandbau unterliegt klaren Richtlinien und ist damit nicht so leicht für Greenwashing zu missbrauchen. Da Konzerne aber selbst nicht anbauen, müssen sie sich am Weltmarkt bedienen. Unter Berücksichtigung der weltweit vorhandenen Bio-Anbauflächen (nur 1,6 %) kann ein großer Lebensmittelkonzern perspektivisch nur wenige Prozent seiner Rohstoffe in Bio-Qualität verwenden. 2–5 % sind heute realistisch. 10–15 bis zum Jahr 2030. Hier nehmen wir Unternehmen in die Pflicht, denn immerhin können sie einen gewissen Druck auf die globale Agrarwirtschaft ausüben.
    [1] Bio-Anteil mindestens 5 %
    [1] Bio-Anteil mindestens 15 %
  • Palmöl: Wir sehen Palmöl kritisch. Dennoch ist es aufgrund seiner Ergiebigkeit manchmal besser als zum Beispiel Kokosöl (gleiche Anbaubedingungen bei weniger Ertrag). Auch vom RSPO-Siegel halten wir nicht sonderlich viel, weil es immer wieder Kritik daran gibt. Dennoch ist es besser als Palmöl ganz ohne Kontrollinstanz, deshalb möchten wir das auch im FutureScore abbilden. Aber es gibt bessere Alternativen mit deutlich strengeren Kriterien, wie etwa POIG, Rainforest Alliance oder Fairtrade
    [1] Für RSPO-zertifiziertes Palmöl.
    [2] Für bessere Zertifikate oder die Kombination mit Bioanbau und RSPO.
  • Tierwohl: Dieses Thema spielt leider bei den meisten Konzernen nur eine untergeordnete Rolle. Wir halten das Tierwohl-Label für nicht besonders gut, dennoch ist es aktuell der offizielle Standard. Jeder Lebensmittelkonzern hat ein eigenes Tierwohl-Programm. Solange keine unabhängigen Kontrollen stattfinden, bewerten wir diese internen Initiativen nicht. Da aber nicht so viel Fleisch auf dem Markt ist, das Tierwohl 3+ entspricht (Marktanteil aktuell: 15 %). Es ist für Konzerne nicht möglich, 100 % des Bedarfs damit zu decken.
    Wir rechnen vorsichtig, da wir aktuell nicht glauben, dass die EU massiven Druck ausüben wird. Das bedeutet, wir gehen von einem Potenzial aus, das ohne strengere Vorgaben bis 2030 möglich wäre. Heute (2025) könnte ein Konzern bei Fleisch 5 %, bei Eiern 15–20 % und bei Milch 10 % aus Tierwohl-3+-Haltung verarbeiten. (Detaillierte Tabelle unten). Daraus ergeben sich für uns folgende Punkte.
    [1] Eier mindestens 20 % Tierwohl 3+
    [1] Milch mindestens 10 % Tierwohl 3+
    [1] Fleisch mindestens 5 % Tierwohl 3+

    Wenn ein Unternehmen keine tierischen Produkte verwendet, werden die Punkte bei der Wertung herausgerechnet.
  • Vegan: Vegane Lebensmittel sind generell nachhaltiger als tierische Produkte. Es gibt tierische Zutaten, die nicht mehr benötigt werden (Beispiel: Prinzen Rolle). In diesem Punkt ist uns weniger wichtig, ob der Konzern eine vegane Marke vertreibt, sondern ob ein Engagement erkennbar ist, tierische Bestandteile zu reduzieren und das bestehende Sortiment mit veganen Alternativen zu ergänzen. Rügenwalder hat gezeigt, dass die Tatsache, Alternativen anzubieten, dazu führt, dass diese vermehrt konsumiert werden.
    [1] Für ein klares Engagement, vegane Rohstoffe zu verwenden
  • Rohstoffsiegel: Wir werten an dieser Stelle Fairtrade, Rainforest Alliance. Eigenprogramme der Konzerne schenken wir keine Beachtung, zwar sind diese Programme grundsätzlich zu begrüßen, sie verfolgen aber in erster Linie Konzerninteressen. Kein Lebensmittelkonzern kann aber 100 % seines Bedarfs durch Fairtrade Rohstoffe decken. Deshalb bewerten wir auch hier realistisch erreichbare Werte. Die verfügbaren Mengen am Weltmarkt variieren. Wir nehmen einen Durchschnittswert.
    [1] Mindestens 20 % der Rohstoffe sind Fairtrade
    [1] Mindestens 40 % der Rohstoffe sind Fairtrade
  • Arbeitsbedingungen und Menschenrechte: Ist das Unternehmen zum Beispiel in der FLA oder anderen Multistakeholder-Initiativen, die Arbeitsbedingungen kontrollieren? Ein Code of Conduct reicht uns hier nicht. Es geht um einen transparenten Umgang. Ferner recherchieren wir Vorfälle der letzten Jahre und wie das Unternehmen damit umging. Das ist die einzige Rubrik, in der wir dann Minuspunkte vergeben.
    [1] Die Lieferkette ist öffentlich einsehbar.
    [1] Kontrollinstanz (z. B. FLA)
    [2] keine Vorfälle/Skandale in den letzten 5 Jahren.

Umgang mit Ressourcen, Chemikalien und CO₂ [max. 9 Punkte]

  • Pestizide/Dünger: Es gibt keine unabhängige Kontrollinstanz, die den Einsatz von Pestiziden und Dünger überwacht. Wir bewerten hier, ob das Unternehmen eine Blacklist mit nicht zugelassenen Stoffen veröffentlicht. Dabei konzentrieren wir uns auf die 5 bedenklichsten Soffe. Für alle gibt es nachhaltige Alternativen.
    [1] Pestizide, Herbizide und Insektizide (Neonikotinoide, Organophosphate, Paraquat, Glyphosat)
    [1] Dünger (Stickstoff- und Phosphatdünger)
  • Wasserverbrauch: Ähnlich sieht das beim Wasserverbrauch aus. 70 % des globalen Süßwassers werden von der Landwirtschaft verbraucht. Hier haben wir mithilfe von ChatGPT ein Einsparpotenzial von 30–40 % errechnet.
    [1] Wassereinsparung von mindestens 20 %
    [1] Wassereinsparung von mindestens 40 %
  • CO₂: Die Lebensmittelbranche verursacht 25 % der weltweiten CO₂-Emissionen. Lassen wir die Ernährungsform außen vor (weil diese Entscheidung beim Verbraucher liegt), bleiben diese Bereiche und insgesamt ein Einsparungspotenzial von 35–50 %.
    [1] CO₂-Einsparung von mindestens 20 %
    [1] CO₂-Einsparung von mindestens 40 %
  • Erneuerbare Energie: Natürlich ist die gesamte Lieferkette wichtig, das ist oft schwer nachzuprüfen. Wir setzen daher die eigenen Werke als Maßstab an (Scope 1 und 2)
    [1] Mindestens 50 % Strom aus erneuerbaren Quellen in eigenen Standorten
  • Entwaldungsfrei: Das bedeutet, dass die Rohstoffe nicht auf Flächen erzeugt worden sein dürfen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden. Die EU-Kommission schlägt aktuell vor den Geltungsstart zu verschieben. Wir halten daran fest und werten ihn auch entsprechend.
    [1] Mindestens 90 % der Rohstoffe stammen aus entwaldungsfreien Gebieten.
    • Hintergrund: Bereiche der Lebensmittelerzeugung:
      • Lebensmittelverluste & -verschwendung halbieren → Einsparung ca. 5–8 % der Food-System-Emissionen (= etwa 2 % der weltweiten Emissionen).
      • Produktions- und Managementmaßnahmen (z. B. Methanreduktion in Tierhaltung, effizientere Düngung, Reisfelder, Energieeffizienz) → technisch realistisch ca. 20–30 % der Food-System-Emissionen (= etwa 5–8 % der weltweiten Emissionen).
      • Vermeidung von Entwaldung für neue Agrarflächen → je nach Szenario weitere 10–15 % der Food-System-Emissionen (= etwa 3–4 % der weltweiten Emissionen).
      • Verpackung, Transport, Verarbeitung (Effizienz, Recycling, Energiequellen) → eher klein, 2–4 % der Food-System-Emissionen (= <1 % der weltweiten Emissionen).
      • Lebensmittelverluste, Produktions- und Managementmaßnahmen (z. B. Methanreduktion in Tierhaltung, effizientere Düngung, Reisfelder, Energieeffizienz), Vermeidung von Entwaldung für neue Agrarflächen → je nach Szenario weitere 10–15 % der Food-System-Emissionen (= etwa 3–4 % der weltweiten Emissionen).
      • Verpackung, Transport, Verarbeitung (Effizienz, Recycling, Energiequellen) → eher klein, 2–4 % der Food-System-Emissionen (= <1 % der weltweiten Emissionen).

Soziales und ökologisches Engagement [max. 1 Punkt]

  • Ökologisches und soziales Engagement, das über eine nachhaltige Produktion hinausgeht, halten wir für große Konzerne für eine Selbstverständlichkeit. Damit meinen wir nicht verkaufsfördernde Kampagnen mit Ökoanstrich, sondern langfristiges/generelles Engagement.

Der FutureScore für Lebensmittelkonzerne

Daraus ergeben sich maximal 30 Punkte, die ein Unternehmen erreichen kann. Daraus errechnen wir unseren FutureScore als Prozentwert, und der beantwortet die Frage: Wie nachhaltig sind Lebensmittelkonzerne?

Wir haben bei der Recherche der Potenziale und realistisch erreichbaren Ziele teilweise auf ChatGPT zugegriffen.

Footage: Prognose Tierwohl 3+ bis 2030

RohstoffHeute (2025)2030 konservativ (realistisch ohne große Politik-Impulse)2030 ambitioniert (mit starkem EU-Druck & Konsumwandel)
Milch10 % global20–25 % EU~20 % global35–40 % EU~30 % global50 % EU
Eier15–20 % global30–40 % EU/USA~40 % global70–80 % EU/USA~60 % global~100 % EU/USA
Fleisch5 % global10–15 % EU~15 % global30 % EU~25 % global50 % EU
Gesamt (Nestlé)<15 % aller tierischen Rohstoffe~25–30 % global~45 % in EU~40–50 % global~70 % in EU

Footage: Rohstoffprogramme und Siegel im Vergleich

Programm / StandardTrägerFokusKontrolle & AuditGlaubwürdigkeitKritik
Nestlé Cocoa PlanNestléKakao: Kinderarbeit, Farmer-Einkommen, RückverfolgbarkeitExterne Begleitung durch Fair Labor Association (FLA)MittelFortschritte bei Monitoring, aber kein Mindestpreis wie Fairtrade
Nescafé PlanNestléKaffee: Produktivität, Klimaanpassung, Farmer-SchulungenTeilweise externe Audits, aber viel internMittelFokus stark auf Produktivität → Bauern bleiben oft einkommensschwach
Cocoa Life (Mondelēz)MondelezKakao: Einkommen, Kinderarbeit, GleichstellungInterne Audits + externe BerichteMittelNGO-Kritik: zu konzernnah, keine Mindestpreise
C.A.F.E. Practices (Starbucks)StarbucksKaffee: Qualität, Umwelt, soziale KriterienAudit durch SCS Global Services (externe Prüfer)Relativ hochKritisiert wegen geringer Preissicherung
Oetker NachhaltigkeitsprogrammeDr. OetkerKakao, Palmöl: Zertifizierungsmix (RA, UTZ, RSPO)Mischung aus externen StandardsHoch (da Anlehnung an etablierte Standards)Wenig Eigenkontrolle, eher Einkaufsstrategie
FairtradeNGO (Fairtrade International)Soziales (Mindestpreis, Prämie), Umwelt, ArbeitsrechteUnabhängige Audits (FLO-CERT)HochMarktanteil begrenzt, höhere Kosten
Rainforest AllianceNGOUmwelt (Biodiversität, Pestizide), SozialesUnabhängige externe AuditsHochKritisiert für schwächere Preisgarantien
Bio (EU-Bio, Naturland, Demeter)Staat / VerbändeUmwelt, keine synthetischen PestizideStaatliche & private Kontrollen jährlichSehr hochKeine direkten Sozialstandards für Bauern
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